Fake News – Anglizismus des Jahres 2016 und im postfaktischen Zeitalter (Wort des Jahres 2016) ein Ausdruck, den viele Menschen nicht mehr hören können. Doch was sind Fake News wirklich? Wie wird der Begriff definiert?
Die wichtigsten Punkte:
- Der Begriff ‚Fake News‘ ist nicht wirklich eindeutig definiert: Das Bedeutungsspektrum reicht von Nachrichten, die einem Thema übertriebene Aufmerksamkeit widmen zu politischer Propaganda und gezielter Desinformation.
- In der Forschung wird daher meist ein engerer Begriff gewählt: Fake News sind Nachrichten, die das Aussehen seriöser Nachrichten imitieren, dabei aber keinen seriösen Inhalt bieten. Hierbei werden z.B. die Sorgfaltspflicht bei der Recherche oder die Wiedergabe wahrer Sachverhalte als Kriterium für Seriösität herangezogen.
Allgemeine Bemerkungen
Was versteht man unter Fake News? Zum einen wären da Fake News als eine Art Schimpfwort. Kritiker, denen meist keine besseren Argumente einfallen, heften der Presse gerne routinemäßig dieses Label an, wenn sie etwas berichtet, das nicht zum Weltbild der Kritiker passt. Auch der Ausdruck Lügenpresse (Unwort des Jahres 2014) gehört, wenn auch aus historischen Gründen noch extremer, zweifelsohne in diese Bedeutungsebene. Man bezichtigt die Massenmedien der manipulativen Verbreitung unwahrer Nachrichten.
Zum anderen gibt es da natürlich tatsächliche Fake News im Sinne von tatsächlichen Falschmeldungen, die zu manipulativen Zwecken absichtlich gestreut werden. Dies findet jedoch überwiegend über soziale Netzwerke statt – wer hat in Zeiten von Sars-CoV-2 noch kein Video oder Bild gesehen, in dem die Gefahr des Virus heruntergespielt wird?
Drei Arten von Fake News?
Tatsächliche Fake News werden oft in drei verschiedene Arten unterteilt:
Zunächst gibt es Nachrichten, die einem Thema übertriebene Aufmerksamkeit widmen. Solche Nachrichten findet man beispielsweise in der verzerrten Wissenschaftskommunikation. Oft werden hier bestimmte Studien herausgehoben, die der eigenen Meinung entsprechen, obwohl sie dem wissenschaftlichen Konsens widersprechen. Ein Beispiel wäre eine an Homeschoolern in den USA durchgeführte Studie zum Thema ‚Impfen und Autismus‘, die auf Selbstberichten der Mütter beruhte. Eine solche Studie ist aus wissenschaftlicher Sicht natürlich völlig unreliabel und keineswegs valide, denn es wurde nichts in objektiver Art gemessen. Im Gegenteil muss man noch davon ausgehen, dass hier durch die Wahl der Stichprobe extreme Verzerrungen des Ergebnisses vorkommen. Diese Studie steht konträr zum wissenschaftlichen Konsens und wurde auf diversen impffeindlich eingestellten Blogs als „erste ihrer Art“ dargestellt. Das stimmte aber keineswegs: Es ist bei Impfstudien Standard, geimpfte mit ungeimpften Kindern zu vergleichen und auch weitere Variablen als die eigentlich geimpfte Krankheit mitzuerheben. Hier wurde dieser einen Studie übertriebene Aufmerksamkeit geschenkt und der Rest des wissenschaftlichen Konsens ignoriert. Und als kleine Anmerkung, da das Thema Impfen ein sehr sensibles geworden ist: Natürlich gibt es Impfschäden, eine Impfung, bei der keine Nebenfolgen auftreten könnten, wäre auch wahrscheinlich wirkungslos. Eine Autismus-Spektrumsstörung gehört aber definitiv nicht zu den bekannten Nebenwirkungen von Impfungen.
Die zweite Art wird häufig als politische Propaganda bezeichnet. Hier werden falsche und richtige Darstellungen von Geschehnissen miteinander vermischt, um die eigene Seite gut oder die Gegenseite schlecht dastehen zu lassen. Politische Propaganda findet man überall: Von Bernie Sanders, der behauptete:
„Forty percent of the guns in this country are sold without any background checks.“, Bernie Sanders bei NBS „meet the press“ (1),
bis zur kompletten politischen Gegenseite mit Donald Trump, der momentan gerne Quatsch über die Wahl erzählt, die er verloren hat:
“Last night I was leading, often solidly, in many key States, in almost all instances Democrat run & controlled. Then, one by one, they started to magically disappear as surprise ballot dumps were counted.”, Donald Trump auf Twitter (2)
Politische Propaganda betreibt oft nicht nur die Gegenseite, sondern auch diejenige, die man selbst gut findet.
Die dritte Art von Fake News nennt man gezielte Desinformation:
Dabei handelt es sich oft um absichtlich frei erfundene, als Nachrichten getarnte Geschichten. Dies geschieht nicht immer aus politischen, sondern zum Teil einfach aus finanziellen Gründen. Fake News sollen Menschen beeindrucken, damit die Leser diese anklicken, liken und größtmöglich weiterleiten. Durch Werbeschaltung auf diesen Seiten wird Geld verdient und betrügerische Interessen, wie durch das sogenannte „phishing“ – also das Ausspähen persönlicher Daten und Passwörter – verwirklicht. (Bundeszentrale für politische Bildung) (3)
Ein engerer Begriff von Fake News und die Debatte zur kompletten Abschaffung
Es gibt allerdings Debatten, ob politische Propaganda wirklich als Fake News gezählt werden sollte. Im engeren Sinne werden als Fake-News nämlich nur solche Nachrichten bezeichnet, die auch die Form von Nachrichten imitieren, dabei aber keinen seriösen Inhalt liefern (4). Darunter fallen Social Media Posts, die auf angebliche Nachrichtenwebsiten verlinken als auch diese Nachrichtenwebsiten selbst. Zusätzlich zählen Blogs und Zeitschriften dazu.
Nicht zu den Fake News zählen übrigens in allen Fällen unabsichtliche Falschmeldungen – wenn eine Redaktion versehentlich ein Datum in einem Bericht falsch angibt, zum Beispiel wegen eines simplen Tippfehlers. Im Idealfall werden solche Fehler ja richtiggestellt…
Mittlerweile wird auch darüber diskutiert, den Begriff Fake News komplett abzuschaffen (5). Ein Grund dafür liegt in der Verwendung des Begriffs von antidemokratischen Parteien. Mittlerweile berufen sich viele, selbst Desinformation verbreitende Personen, auf ‚Fake-News‘, sobald ihnen eine Nachricht nicht passt.
Oben konnten wir bereits einen anderen Grund sehen: Es ist nicht immer klar, wann man nun von Fake News sprechen sollte, wann von Desinformation, wann von Lügen. Lügen und Desinformation lassen sich konzeptuell voneinander abtrennen (Lüge als bewusste singuläre Falschaussage – Desinformation als gezielter Weg die Weltsicht anderer Personen dauerhaft in einem bestimmten Thema zu ändern), auch wenn eine Aussage gleichzeitig Lüge und Desinformation sein kann. Die dahinterstehenden Konzpte sind aber trennbar. Bei Fake News ist das nicht der Fall. In verschiedenen Kontexten wird der Begriff häufig unterschiedlich verwendet und eigentlich weiß man gar nicht, worum es gerade geht.
So kann man zu dem Schluss kommen, dass der Begriff ‚Fake News‘ mehr Schaden anrichtet, als er Nutzen hat.
Der recht trennscharfen Definition von Lazer et. al (2018) (4) kann diese Kritik aber eher nichts anhaben. Diese Definition wir übrigens in vielen Studien zum Thema Fake News gebraucht.
We define “fake news” to be fabricated information that mimics news media content in form but not in organizational process or intent. Fake-news outlets, in turn, lack the news media’s editorial norms and processes for ensuring the accuracy and credibility of information. Fake news overlaps with other information disorders, such as misinformation (false or misleading information) and disinformation (false information that is purposely spread to deceive people).
Auch diese AutorInnen weisen auf die Überlappung mit anderen Konstrukten hin. Trotzdem wird klar ersichtlich, welcher Teil der Misinformation oder Desinformation nun den Fake-News zugehörig ist und welcher nicht.
von Timon Hruschka
Quellen
(1) https://www.politifact.com/factchecks/2018/feb/20/bernie-sanders/bernie-sanders-repeats-false-claim-about-backgroun/
(2) https://www.politifact.com/factchecks/2020/nov/04/donald-trump/no-president-trump-ballot-dumps-key-states-were-no/
(3) https://www.bpb.de/252386/was-sind-fake-news
(4) https://science.sciencemag.org/content/359/6380/1094.full
(5) https://aap.tandfonline.com/doi/full/10.1080/0020174X.2018.1508363?casa_token=odl8T21cVkYAAAAA%3Aio7c5aBjfMplHUXZYBiYKAyEU6yiDaGzy3zrJrfqDs-qImUJlw5zZHX5rVbAK10nUxR-mHLUD7c-Vg